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Arbeitgeber überwacht Krankheit mit Privatdetektiv

Arbeitgeber Überwachung durch Privatdetektiv. Im Privatbereich meist unzulässig.

Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Christoph Strieder

Detective
Arbeitszeitbetrug oder Krankheit? Überwachung des Privatbereichs regelmäßig unzulässig

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 19.02.2015 (8 AZR 1007/13) zu Überwachung der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber entschieden. Hiernach steht dem Arbeitnehmer bei Überwachung im Einzelfall wegen schwerwiegender Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 I iVm Art. 1 I GG) eine Entschädigung aus § 823 I BGB (Schadensersatz) zu.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht beinhaltet die informationelle Selbstbestimmung (Selbstbestimmung über eigenen Daten). Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) regelt für die Erhebung von Daten von Arbeitnehmern (§ 32 I 2 BDSG), dass personenbezogenen Daten nur erhoben werden dürfen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den (naheliegenden) Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, soweit die Erhebung für den Arbeitnehmer nicht unverhältnismäßig ist.

Überwachung der Krankheit bei Dauerarbeitsunfähigkeit

Im entschiedenen Fall hat der Arbeitgeber seine Arbeitnehmerin wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit über zwei Monate an einigen Tagen von einem Detektiv überwachen lassen. Dabei hat dieser das Wohnhaus, sowie die Arbeitnehmerin und ihren Mann vor dem Haus und in einem Waschsalon beobachtet und Video- sowie Fotoaufnahmen gefertigt.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei Krankheit haben hohen Beweiswert

Allerdings hatte die Arbeitnehmerin für die gesamte Zeit von Ärzten ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Diesen kommt – wie der BGH ausdrücklich betont – ein hoher Beweiswert zu. Der Arbeitgeber muss begründete Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung haben und diese auch nachweisen können! Nur dann hat er tatsächliche Anhaltspunkte die den Verdacht eines Betrugs als Straftat begründen können, was ihm die Erhebung von personenbezogenen Daten gestatten würde. Kann er dies nicht, hat er keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Beauftragt er dennoch eine Detektei ist dies rechtswidrig.

Doch selbst wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung bestehen würden, ist eine heimliche Kontrolle per Video in der Regel nicht erforderlich und damit für den Arbeitnehmer unverhältnismäßig, also ebenfalls rechtswidrig.

Schmerzensgeld für rechtswidrige Überwachung

Neben einem Unterlassungsanspruch, den jeder bei einer rechtswidrigen Sinnigkeit Rechtsverletzung geltend machen kann, kommt bei ganz erheblichen Verletzungen auch ein Schadensersatz in Betracht. Dass die Gerichte hierbei zurückhaltend sind, zeigt der entschiedene Fall, bei dem das Bundesarbeitsgericht den geltend gemachten Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers erheblich vermindert hat. Bezüglich der Höhe erteilt das Bundesarbeitsgericht der Arbeitnehmerin nämlich eine Absage und bestätigt die Entscheidung des LAG (Landesarbeitsgerichts) Hamm. Die Arbeitnehmerin bekommt nicht wie gefordert ein dreifaches Bruttomonatsgehalt (10.500€) sondern nur 1000 €.

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Intensität der Verletzung der Rechte. Die Arbeitnehmerin wurde nur an Orten beobachtet, gefilmt und fotografiert, an denen sie von jedem zu sehen gewesen ist. Es wurden keine Aufnahmen gefertigt, die ihre Intim- und Privatsphäre betreffen.

Tip: Überwachung bei Krankheit regelmäßig aussichtslos

– Eine Überwachung von Arbeitnehmern gerade im privaten Bereich durch ein Privatdetektiv oder ein Mitarbeiter ist in den meisten Fällen nicht nur unverhältnismäßig und persönlichkeitsverletzend, sondern im Ergebnis auch wenig sinnvoll, wenn hiermit eine vorgetäuschte Krankheit aufgedeckt werden soll. Ein arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer ist nämlich nicht gezwungen, zu Hause zu bleiben, um gesund zu werden, sondern kann alles tun, was der Gesundung nicht entgegensteht, was gerade im Fall psychischer Erkrankung wenigen Einschränkungen unterliegt.

– Eine Überwachung von Arbeitnehmern Vermittlung vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit (Arbeitszeit betrug) ist auch insoweit problematisch, als die Verwertung der Überwachungsmaßnahmen im Prozess als Beweismittel bei unverhältnismäßigen Maßnahmen regelmäßig unzulässig sein dürfte.

– Möglich ist es, bei Anhaltspunkten für vorgetäuschte Krankheiten einen über Prüfungsantrag bei der jeweils Krankenkasse des Arbeitgebers zu stellen

– eine Vielzahl von Erkrankungen des Arbeitnehmers kann auch eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen, ohne dass der Arbeitgeber das vortäuschen einer Krankheit ermitteln muss. Auch wenn die Anforderungen hieran hoch sind, ist dies häufig der sicherere Weg.

Christoph Strieder, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Solingen und Leverkusen. Rechtsanwalt Christoph Strieder ist zugleich Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz.

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