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Mietkaution für verjährte Nebenkostennachforderungen

Verjährte Nebenkostennachforderungen können verfallen

Von Rechtsanwalt Marc Hildebrandt (RAe Strieder, Solingen / Leverkusen), Tätigkeitsschwerpunkt Miet- und Wochungseigentumsrecht

strieder_introMit Versäumnisurteil des Bundesgerichtshofs vom 20.07.2016, AZ: VIII ZR 263/14 hat der BGH eine umstrittene Frage hinsichtlich der Einordnung von Betriebskostennachforderungen, deren Bestandsfähigkeit und Einordnung als wiederkehrende Leistung im Sinne des § 216 Abs. 3 BGB getroffen. Trotz der Form der vom BGH getroffenen Entscheidung als Versäumnisurteil hat der BGH hier ausführliche rechtliche Begründungen vorgenommen, da das ursprüngliche Urteil rechtsfehlerhaft war und insoweit die Sache nicht entscheidungsreif. Das Verfahren wurde an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Hintergrund:

In dem Verfahren ging es darum, wann der Anspruch des Mieters auf Rückgabe einer Mietkaution fällig wird. Dies ist nach dem BGH in der Bestätigung und Fortführung seiner Rechtsprechung durch Urteile vom 24.03.1999, AZ. XII ZR 124/97, BGHZ 141,160, 162 sowie vom 18.01.2006, AZ: VIII ZR 71/05, NJW 2006, 1422, immer erst dann der Fall, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen ist und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen, wegen derer er sich aus der Sicherheit befriedigen darf. Damit verfestigt und bestätigt der BGH die Rechtslage dahingehend, dass es keinen eindeutigen Fälligkeitstermin für den Rückforderungsanspruch des Mieters auf Zahlung der Kaution gibt, sondern dieser von den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls im Hinblick auf eine angemessene Überprüfungsfrist und dem Bestand von Forderungen aus dem Mietverhältnis, die der Sicherungsabrede zu Grunde liegen, abhängt.

In diesem Zusammenhang stellte sich in dem Verfahren die Frage, ob Betriebskostennachforderungen aus entsprechenden Jahresabrechnungen gegenüber dem Mieter noch als Forderungen, die aus der Kaution zu zahlen sind, zu qualifizieren sind, wenn diese bereits verjährt sind. Hierzu stellt der BGH fest, dass solche Betriebskostennachforderungen aus den Jahresabrechnungen sog. wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 216 Abs. 3 BGB sind.

Grundsätzlich ist es so, dass gem. § 216 Abs. 1 BGB die Verjährung eines Anspruchs, hier der Forderung des Vermieters aus der Betriebskostenabrechnung, nicht dazu führt, dass der Vermieter diese aus der Kaution oder einer entsprechenden Sicherheit für Forderungen aus dem Mietvertrag nicht mehr entnehmen kann. Vorliegend bestand ein verpfändetes Sparkonto als entsprechende Sicherheit, aus dem sich der Vermieter auch bei verjährten Forderungen grundsätzlich hätte befriedigen können. Allerdings greift auch die einschränkende Regel des § 216 Abs. 3 BGB, der ein entsprechendes Befriedigungsrecht des Vermieters bzw. des Gläubigers des Forderungsanspruchs ausschließt, wenn es sich um sogenannte „wiederkehrende Leistungen“ handelt.

In der nunmehr vorliegenden Entscheidung hat der BGH demnach klargestellt, dass neben der sogenannten Grundmiete im Sinne des § 556 Abs. 1 BGB, die ohne Zweifel als regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 216 Abs. 3 BGB zu bewerten ist, auch die jeweils zu leistenden Vorauszahlungen auf das für das jeweilige Jahr zu erwartenden Betriebskosten nach § 556 Abs. 2, Satz 1 BGB als solche wiederkehrende Leistung zu qualifizieren sind, was auch für die Nachforderung, die sich aus einer Abrechnungen dieser Zahlungen ergeben kann, gilt. Hierin vergleicht der BGH im Übrigen die Art der Vorauszahlungen mit der Gestaltung im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts hinsichtlich des Anspruchs der WEG auf Vorauszahlungen von Wohngeld, der auf der entsprechenden gesetzlichen Grundlage des § 28 Abs. 2 WEG beruht und damit ebenfalls als wiederkehrende Leistungen zu bewerten sein wird. Damit ist eine Nachforderung wegen Nebenkosten dann, wenn diese verjährt ist, vom Mieter nicht mehr zu zahlen und kann auch nicht gegen die von diesem hinterlegte Kaution oder gegen eine andere Mietsicherheit verrechnet werden bzw. dort entnommen werden.

Auswirkungen für die Praxis:

Da der BGH insoweit zur Anwendung der einschränkenden Regelung des § 216 Abs. 3 BGB auf Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen gelangt, heißt dies für die Praxis, dass sich Vermieter insoweit nicht mehr auf verjährte Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung berufen können und  somit der Bestand solcher verjährten Forderungen nicht mehr dazu führen kann, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters noch nicht fällig ist.

Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit dahingehend, dass die Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses den Rückforderungsanspruch auf Auszahlung der Sicherheitsleistung dann geltend machen können, wenn Nachforderungen aus vorherigen Betriebskostenabrechnungen verjährt sind. Diese können der Fälligkeit des Rückforderungsanspruches nicht mehr entgegengehalten werden.

Praxistipp

Für Vermieter ist daher nachdrücklich darauf hinzuweisen, die Verjährungsfristen der Nachforderungen aus Betriebskostenabrechnungen im Blick zu behalten. Diese können im Nachgang nicht mehr mit der Sicherheitsleistung verrechnet werden. Die Verjährung der Ansprüche aus Betriebskostennachforderungen verjähren mit Ablauf des Jahres, in dem die Abrechnung dem Mieter mitgeteilt wurde, innerhalb der regelmäßigen 3-jährigen Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

Die Entscheidung schafft darüber hinaus zusätzliche Rechtssicherheit dahingehend, wann  die Fälligkeit des Kautionsrückforderungsanspruchs  des Mieters angenommen werden kann und somit der Mieter diesen Anspruch geltend machen kann, und stellt klar, dass Vermieter die entsprechenden Geltendmachung der Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen innerhalb der Verjährungsfrist (drei Jahre) jedenfalls verjährungshemmend (beispielsweise Einreichung Klage bzw. Beantragung des gerichtlichen Mahnverfahrens) in die Wege geleitet haben müssen.

 

© Rechtsanwalt Hildebrandt und Rechtsanwalt Christoph Strieder, Kanzlei Rechtsanwälte Strieder, Solingen/Leverkusen www.anwalt-strieder.de

 

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